AUGENBLICK MAL
Publikation des Liebenzeller Gemeinschaftsverbandes im April 2001


Einer stirbt für dich


Relief in Holz und Keramik im Johanneum, Wuppertal,
gestaltet von Tobias Michael, Lauter/Erzgebirge

Von Fritz Gaiser, Direktor Evangelistenschule Johanneum




Zum Titelbild:
„dynamis — bewegende Kraft" dieses Leitwort wählte Tobias Michael für sein Kunstwerk. Es zieht mich an und stößt mich ab. Immer wieder schaue ich auf das Gesicht Jesu. Dabei erschrecke ich: Da ist die tief klaffende Wunde, die das Gesicht spaltet. Der Kopf ist zerrissen in zwei Stücke.

Und mich zerreißt es fast vor diesem Bild. War das so schlimm, als Jesus gekreuzigt wurde? Musste er so geschlagen, so verwundet, so zerrissen werden? Ich ahne den Schmerz Gottes und den Riss, der zwischen ihm und uns da ist. Dies schmerzt mich. Und doch bin ich froh, dass ich dieses Gesicht anschauen kann.

Denn früher ließ sich Gott nicht sehen. Im Tempel hing ein schwerer Vorhang. Der Raum dahinter war ausgespart für Gott; ihn selbst konnte man nicht sehen. Mit ihm durfte man nicht sprechen. Nur einmal im Jahr wagte es der Hohepriester, hinter den Vorhang zu gehen. Dabei flüsterte er den Namen Gottes. So sollte die Sünde des Volkes gesühnt werden.

Jetzt aber ist der Vorhang zerrissen. Gott lässt sich sehen. Aber was ist das für ein Bild? Wen sehe ich jetzt? Einen gespaltenen Kopf, dornengekrönt. So lässt sich Gott sehen. So gibt er sich zu erkennen. Vor diesem Gesicht sehe ich mich auch anders. Wegen unserer harten und versteinerten Herzen lässt Jesus sich zerschlagen.

Aber dieses Werk hat auch heilende Kräfte: Der Riss durch das Gesicht heilt die Zerrissenheit unserer Welt, unseres Herzens. Wahrlich: Es ist eine bewegende Kraft in diesem Werk.

Fritz Gaiser

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